Krieg | 1940-1944
Als sein jüdischer Arbeitgeber 1939 vor den Nazis nach Amerika flüchten mußte, bat dieser Erwin Sehrt ihn zu begleiten. Aus familiären Gründen schlug er dieses Angebot aus. Diese Entscheidung führte so zur Kriegsteilnahme am Russlandfeldzug ab Mai 1940 in der 6. Armee als Sanitäter. Die Kamera dokumentierte seine 'Wanderungen in Russland'.
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Wenn ich nicht wüßte...
I
Wenn ich nicht wüßte, dass die Zeit den schönsten Ausdruck findet, Wo man im Blick der Ewigkeit Vom höchsten Wesen kündet; II Wo Dome stürmen himmelan, - einst konnte man sie bauen -, Wo man in jedem Bogen kann die deutsche Seele schauen. III Wo Leben man, zu Stein erstarrt, in ed'le Formen bannte, Wo man den Glauben hat bewahrt Und noch die Ehrfurcht kannte - - IV
Wo stehen blieb der Zeiten Uhr Und tausend Jahre fragen: Was weisst denn Du noch von Kultur In lärmerfüllten Tagen? Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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V
Wenn ich nicht wüsste, Dass Daheim noch Kirchenglocken klingen, Dass Mütter ihrem Liebling klein Die Wiegenlieder singen - - VI Dass, von den Bergen schwarz umsäumt, Verschneite Häuser stehen, Wo manch ein Herz voll Sehnsucht träumt Von einem Wiedersehen - - VII Wenn ich nicht wüsste, Das mein Lieb' nach mir Verlangen trüge, Ich immer nur ein Fremder blieb In einer Welt der Lüge. |
Lied der Hauptverbandsplatzstaffel
Als die
Hauptverbandsplatzstaffel
In Kielce aufgestellt, hat man dort mit vieler Mühe Nur die besten ausgewählt. Laßt sie einzeln mich benennen Schildern ihre Wesensart, Jeder soll sich selbst erkennen, Wenn auch Fehler er gewahrt. Kwasniok, der Theologe, Hier als erster aufmarschiert, Weil als einz'ger von der Staffel Ihn schon die Lametta ziert. Darum muß ich mir verkneifen, Näher auf ihn einzugehen; könnt' er uns doch tüchtig schleifen Und das findet niemand schön. Aus der Theologen Reihe Sei der Geisner nun genannt, Der die Musiktheorien Sucht in einem dicken Band. Dabei wird der Geist gebildet, Auch die Logik sich vermehrt; Dinge, die so gänzlich fehlen Dem Gefreiten Erwin Sehrt. Nun ist Mrasek an der Reihe, Still und ruhig seine Art, Ist der doch trotz seiner Weihe Stets geblieben Kamerad! Diese Schar der edlen Streiter, Kämpfer für das Seelenheil, Krönend zu beschließen, Wurde unserem Lex zuteil. Ein Soldat mit Leib und Seele, Tritt er stets als erster an Wo es was zu essen gebe - - Sonst ist er ein feiner Mann. Nun ist Tschape zu erwähnen, Der direkt aus Breslau stammt, Ein Berliner muß sich schämen, Weil er hier den Meister fand. Niemals ist er klein zu kriegen, Seine Worte sind sehr spitz. Wer nicht nett mit ihm in Frieden, wird verfolgt von seinem „Witz“! Jetzt kommt Stehr daran, der Kalle, Den jetzt viel Lametta schmückt, Recht hat er in jedem Falle, Was uns immer sehr beglückt. Der Gefreite Willi Gräubig Wurde ebenso geehrt, Doch der Zweite Pinkel hat nicht seine Frohnatur beschwert. Bliebe noch der kleine Fisch So bescheiden, wie er ist, Wollen wir ihn nicht beneiden, Holt man ihn zu jedem Mist Leicht wurde er vergessen, Doch auch Zuber kommt noch dran, Der aufs Spielen ist versessen, Aber auch gut singen kann. Hohe Kunst ist ihm zuwider, Peter Kreuder er verehrt, Darum singt er Schlagerlieder, Die besitzen hohen Wert. Damit schließt der bunte Reigen, Welcher HVS genannt, Niemand wird jetzt Ärger zeigen, Der sich hier geschildert fand. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Himmelsvögel
Nicht jene Vögel sind gemeint,
Die unser Herrgott schuf, Wenn strahlend hell die Sonne scheint, Klingt jubelnd auf ihr Ruf. Es liess den Menschen keine Ruh', Bis er es auch vollbracht, Er wandte sich der Sonne zu und flog selbst in der Nacht. Wenn ich solch Himmelvögel seh', Ein Schauder mich befällt, Sie bringen aus der lichten Höh' Verderben auf die Welt. Versehen mit Kanonen viel So stürzen sie herab; Der Mensch ist ihrer Waffen Ziel Und ihr Erfolg: das Grab. Noch and're ziehen himmelan In Schwärmen ohne Zahl, doch allen Städten, den sie nah'n, Droht Leiden, Not und Qual. Von oben heulend saust der Tod Auf Häuser, Frau und Kind, Der Himmel färbt sich blutig rot, Wenn sie vorüber sind. Die Opfer liegen ausgestreckt in endlos langen Rei'n; Anklagend eine Hand sich reckt: O Schöpfer, muss das sein? Verblendet ist der Menschen Herz, Die Wahl war freigestellt, Ersinnt nur Leiden, Tod und Schmerz; Wann ändert sich die Welt? Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Ich suchte den Feind
Man
sagte, es wäre ein Ehrenkleid,
Ich sollte voll Stolz es nur tragen. Mir waren nur leider die Stiefel zu weit, Dafür drückte oben der Kragen. Sie lehrten uns gehen nach ihrer Art; Sie zwangen zum Staube uns nieder. So wurde gedrillt man zum Automat, Der anlegt auf Eltern und Brüder. Wir zogen in fremde Länder hinein Und ließen die Lieder erklingen, So sollten, bei brennender Häuser schein Den Völkern die Freiheit wir bringen. Ich habe die russische Weite geseh'n, In Städten und Dörfern gelegen. Wir konnten die Menschen nicht immer versteh'n; Sie kamen uns freundlich entgegen. Ich sah in der Mütter Augen den Schmerz, Und dort auch die hungernden Kleinen. Ich schaute in manches verzweifelte Herz Und hörte verhaltenes Weinen. Wir trugen das gleiche, verborgene Leid, Wir blickten in eigene Wunden. Doch niemand erkannte die Wirklichkeit, Weil man uns die Augen verbunden. Ich suchte die Feinde im ander'n Land, Fand Menschen und Freunde dort wieder. Mir drückt' eine Mutter zum Abschied die Hand, Da merkt' ich, wir waren ja Brüder. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Den Einzelgängern
Wer seines Daseins Pfad will wandeln nur allein,
Wird um die Lebensfreude einst doch betrogen sein. Wer um sich nur den Feind und nie den Bruder sah, Verkroch sich vor der Sonne im Schatten der Gefahr. Wer teilen nie gelernt – ob Freude oder Schmerz, Begrub im Eisespanzer zunächst das eig'ne Herz. Wer keine Opfer kennt, den Segen guter Tat, Der ließ im Menschenherzen verkümmern beste Saat. Hilf lindern fremde Not – versäume nicht die Frist. Es wird allein bewertet was Du dem Bruder bist! |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Ein Mensch ging durch die Zeit
Ich traf ihn
irgendwo in Polen, beim Gerätesäubern. Ich horche auf. – Wagt wirklich einer, laut zu sagen, was wir viele denken? - - 22. Juni des Jahres 1941, - irgendwo am Bug. Geschütze brüllen. – Kompaniebelehrung: „Wir nehmen als Europas Heiland jetzt den Kreuzzug auf! Vorsicht im Lande! – Selbst die Eier sind vergiftet!“ - - Ab ovo saugte sich das Gift in die Gehirne. Man schießt nicht nur mit dem MG. Man mordet auch mit Gift! Und dieses Gift trifft schwer. - - Ein Mensch ging durch die Zeit – gefeit auch gegen jenes Gift. Er sah im Osten, später in dem Westen: Mütter, die weinten. Und die Kinder mit den hohlen, leergebrannten Augen. Mädchen flohen zitternd Männer standen stumm – und starben. - - Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Fremde Frau in fremdem Land
Fremde Frau im fremden Land,
Wie von ungefähr Hattest Du den Blick gewandt, Schautest zu mir her. Sahest mich so lockend an, Der ich einsam bin, Solch Geschöpf kann einem Mann Wohl verdreh'n den Sinn. Als sie fremd und doch vertraut Mir zur Seite trat, Hab ich sie kaum angeschaut, Die so fein und zart. Denn vor meiner Seele stand Längst ein and'res Bild: Einer Frau im fernen Land, Der mein Sehnen gilt. Die zur Liebsten ich erkor, Schon vor langer Zeit, Und der ich die Treue schwor Einst im Hochzeitskleid. Fremde Frau im fremden Land, Du musst weitergeh'n, Denn wer solch ein Herze fand, Kann Dir widersteh'n. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Wann kommt die Zeit
Wann kommt die Zeit, die wir im Traum nur sehen,
Wo Friede wieder kehret bei uns ein?
Wann hat ein End' dies grausige Geschehen, Wann dürfen wir auch wieder Menschen sein? Wann kommt die Zeit, wo schweigen die Kanonen, Wo wir nicht kämpfen gegen einen Feind? Wo wieder dürfen wir in Häusern wohnen, Wo auch für uns die Sonne wieder scheint. Wann kommt die Zeit, wo alle sich verstehen, Wo man die Lüge und den Hass nicht kennt? Wann kommt die Zeit, wo wir uns wiedersehen, Die man so grausam lange hat getrennt? Wann wird erfüllet meines Herzens sehnen, Wann kehre ich zu Dir, mein Lieb' zurück? Wann darf ich Dich in meine Arme nehmen, Und find' in Deinen Augen all mein Glück. Wann darf ich wieder uns're Kinder schauen, Nach denen ich so lange schon begehrt, Wann darf ich mit an einer Zukunft bauen, Die für uns alle wieder lebenswert. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Scheftschenko
Unfassbar lastet der Tyrannen Fron
Auf den geknechteten, verarmten Massen; Es drückt die Last sie fast zu Boden schon, Die ihre Peiniger sie schleppen lassen. Ein ganzes Volk in Ketten ward gelegt, So musst' Gerechtigkeit und Treue schwinden; Bis sich kein Funke jener Freiheit regt, Von der nur noch die alten Lieder künden. Ein Mann erhebt sich aus dem Sklavenheer, Er ist wie sie durch tiefstes Leid gegangen; Das eig'ne Schicksal war besonders schwer, Doch seine Seele war noch nie gefangen. Sein Geist erhebt sich nun zu kühnem Flug, Von seinen Schultern wirft er ab die Bürde. Befreit die Armen dann von ihrem Fluch Und wird zum Künder echter Menschenwürde Ein ganzes Volk nun aus dem Schlaf erwacht; Einst zwingt es auch die Sklavenhalter nieder. Es wird bewusst sich seiner eig'nen Kraft Und sieht den Weg in seine Freiheit wieder. Dann schreitet es entschlossen zum Gericht, Bis seine Peiniger am Boden liegen. Begeistert schaut es auf, empor zum Licht. In seinem Zeichen wird es endlich siegen. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Heimkehr
Es war am Don.
Der blaue Himmel spannt Sich über dieses grenzenlose Land. Die Ähren neigen sich in Reife schwer; Da klinget von dem nahen Dorfe her Ein sanfter Ton. Erfüllt von Leid schwillt klagend der Gesang. Sie leiten dort zu ihrem letzten Gang In einem schlecht gefügten, off'nen Schrein, Zu langem Schlafe eine Mutter heim. Der Weg ist weit. Die Bombe fiel ja mitten in der Nacht. Sie ist vom Schlummer nicht mehr aufgewacht. Nun klingt es klagend in die stille Welt; Bis man den Sarg dort auf den Boden stellt. Sie sind am Ziel. In tiefstem Schmerz Die Mädchen fast vergeh'n. Auch in der Männer Augen Tränen steh'n. Ein Schicksal hat soeben sich erfüllt. Wieviel doch selbst in diesem Kriege gilt Ein Mutterherz. Gedicht + Photographie (September 1942 in der Nähe von Woronesch am Don): Erwin Sehrt
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Wie sie starben
Ich
drückte so manchem die Augen zu
Auf Lagern von dürftigem Stroh. Wir haben gebettet so viele zur Ruh', Die gestern noch lachten so froh. Sie gaben ihr Leben, das höchste Gut, Für ihre Lieben daheim. Für sie nur galt aller Heldenmut, Sie starben für uns nur allein. Doch viele erkannten bald Lüge und Trug Und riefen voll Bitterkeit: „Wir haben gebracht nun der Opfer genug, Wo bleibt nun die bessere Zeit?“ Wir kämpfen ja nicht mehr für unser Land Das unter den Bomben zerbricht. Schon lange die Aussicht des Sieges schwand, Man achtet das Opfer ja nicht. Ich hab in der Toten Antlitz geseh'n. Die Lippen, die waren ja stumm. Doch konnte man deutlich den Ausdruck versteh'n, Sie schienen zu fragen: WARUM? Die von uns schieden in großer Zahl, Der Schöpfer mög' gnädig euch sein. Er nahm euch aus Leiden, Tod und Qual In seinen Frieden hinein. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Gräber im Osten
Ich weiß ein weites,
herrliches Land,
Vom Schöpfer so reichlich bedacht, Das trunkene Auge kein Ende fand Inmitten der reifenden Pracht. Wir zogen hinein, weil Einer befahl; Die Herzen voll Sehnsucht und Mut. Wir säten rauschenden, berstenden Stahl, Und haben geerntet – nur Blut. Es gibt in Russland der Orte viel, da ruhen so manche sich aus, sie haben gefunden ihr irdisches Ziel, Weitab von dem Vaterhaus. Die fremde Erde sei euch nicht schwer, Sie bette die Schläfer ganz lind; Der Heimat Wolken zie'n über euch her, Es rauschet und kündet der Wind: Ihr seid in den Frieden gezogen ein, den immer die Welt noch nicht fand, Ihr kehrtet nach langem Wege doch heim Ins ewige Vaterland. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Rückzug - Episode
I
Wie bist Du Ukraine gesegnet so sehr, Welch Garten kann schöner noch sein? Von leuchtenden Farben ein glühendes Meer Im sonnendurchfluteten Schein. II Wir haben durchwandert das fruchtbare Land, Seid Wochen der Marsch nun schon geht. Doch ehe wir schieden, wurd´ alles verbrannt, Kein Baum, keine Hütte mehr steht. III In einem Dorfe, da machten wir Halt zur lang schon erwarteten Rast. Wir fanden Quartiere auch alle sehr bald Und luden uns selber zu Gast. IV Sie brachten wie immer das Beste herbei, Und boten uns Speise und Trank. So hielten an ihrer Sitte sie treu; Doch durften sie hoffen auf Dank? V Die Frau des Hauses trug Witwenkleid, Ihr blieb nur das Töchterchen klein. Marusija war eifrig zum Helfen bereit, Und schleppte uns Blumen herein. VI Doch jäh sich verändert das friedliche Bild Als draußen Kommandos man schreit. Von drüben der Ton einer Pfeife schrillt: Macht alles zum Abmarsch bereit. VII Auch alle Bewohner verlassen den Ort, So wird es bekannt nun gemacht. Sie müssen in einer Stunde schon fort zum Marsch in die finstere Nacht. |
VIII
Mit tränenden Augen sie packen nun ein, - Ich wende voll Trauer den Blick – So plötzlich muß nun der Abschied sein, Sie gehen und schau´n nicht zurück. IX Dann höre eiliger Schritte Lauf; Wer wird denn noch kommen so spät? Da fliegt ganz behende die Türe auf, und vor uns das Töchterlein steht. X Die Wangen gerötet vom scharfen Wind, So blickt sie suchend umher. Was hat es vergessen, das gute Kind, Was trieb sie noch einmal hierher? XI Hat sie die Mutter zurückgeschickt? Ob Eier sie holen soll? Marusija - - nach einer Tasse sich bückt und schöpfet mit Wasser sie voll. XII Sie tritt damit an das Fenster heran und tränkt ihre Blumen dort. Wir schauen verlegen einander uns an; Da eilte das Mädelchen fort. XIII Ein trüber Gedanke stieg in mir hoch: Was hat man versprochen euch nur? Wir wollten euch lösen vom drückenden Joch Und bringen die „deutsche Kultur“. XIV Wir haben verlassen das fruchtbare Land. Wie weit unser Marsch wohl noch geht? Doch ehe wir schieden, WURD ALLES VERBRANNT, Kein Baum, keine Hütte mehr steht. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
Moritat
Sylvester 1944
Januar
Vor einem Jahr Sylvester kam, Der Tag uns alle Stimmung nahm! Vom Marsch ermüdet standen wir, und fanden nicht einmal Quartier! Darüber plagt uns wilder Zorn, Da half nur noch der Samohorn. Wir waren auf der Achse viel, Bis endlich kam das Ziel. Februar Am Bug, da war es wunderschön, Doch Ruhe hat man nie geseh'n. Wir stellen fleissig Wachen aus, Zu schützen unser Hof und Haus. Die Partisanen jagten wir, Das ist im Winter kein Pläsir, Die Schulung nun beginnen kann, Doch weiter ging es dann! März Der Iwan kam von hinten an, Da waren wir mal wieder dran! Im Kessel sassen wir geschwind, Und KiK nannt uns jetzt jedes Kind. Die gute Stimmung nie verhallt, Wenn auch die Füsse nass und kalt, Verpflegung kam nicht mehr heran. Es backt nun jeder Mann! April Den Kessel schlugen wir entzwei, Wir wurden KaK und wieder Frei! Die Post kam jetzt nach langer Zeit; Verpflegung hat das Herz erfreut. Und Urlaub wurde nun gewährt, Nach dieser Zeit man gerne Fährt. Die Andern blieben dort zurück, Es hat nicht jeder Glück! Mai Galizien war unser Ziel, Dort haben wir geschaufelt viel. Auch Panzerlöcher gruben wir, Und Bunker dann für Mensch und Tier. Wir buddelten ohn' Unterlass, Das machte allen riesig Spass. Auch Unterricht war sehr beliebt. Nee, wat et nich all gibt... Juni Damit ein Schwung nun kommt hinein, Führt man alsbald Alarme ein! Zu schnellen Truppen man uns macht, Doch dies geschah meist in der Nacht, Wo and're Menschen schlafen geh'n, Drum fanden wir das gar nicht schön! Ein jeder nur noch läuft und rennt, Doch einmal gab's ein End. Juli Wir packten uns're Sachen ein, Und fuhren weit nach Lemberg rein. Die Front entdeckt man ohne Kunst, Wir kamen in den größten Dunst. Die Schlachter kamen immer mehr, Und machten uns das Leben schwer. Doch wenn sie auch gepleudert viel, Sie trafen nicht ihr Ziel! August Der Weg nach Stary-Sambor ging, Doch dort geschah ein dolles Ding. Als wir zur Ruhe uns gelegt, Sich etwas in den Lüften regt. Mit tausend Bomben deckt er ein, Wir aber hatten riesig Schwein. Die Stadt verließen wir im Nu, Und sah'n von weitem zu. September Im San konnt' man noch baden geh'n, Da fanden wir das Leben schön. Doch mussten wir einst weiterzieh'n. Es ging zu den Karpaten hin. In Ungarn war's um uns gescheh'n, Weil nichts mehr konnten wir versteh'n. Manch einer hätt'ne holde Maid, Mit netten Wort erfreut. Oktober Der Abschied von der Division, Bracht' mancher den verdienten Lohn. Vergessen war nun Leid und Weh, Wir landeten bei der Armee, Die Slowakei ward Wirkungsfeld, Hier konnt' man kaufen noch für Geld. Da hört' man oft ein Stoßgebet: Wenn ich doch Kronen hätt! November Man bleibt nicht gern an einem Ort, Drum zogen wir auch weiter fort. Entdeckten eine Quelle bald, Die war nicht mal im Winter kalt. Ein Kurhaus tat daneben steh'n, das fanden wir ganz angenehm. Wir bauten ein Genesungsheim, Und luden Kuch dann ein. Dezember Nun sind die Betten voll belegt, Ein jeder bestens wird verpflegt. Viel Unterhaltung gibt es hier, Auch Semmeln und ein kaltes Bier. Das Jahr will hiermit uns entflieh'n, Gedanken in die Zukunft zieh'n. Wir wenden rückwärts nicht den Blick, Im neuen Jahr viel Glück!!! Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Flüchtlinge
I
Ein Sturm braust über öden Strand, Und gierig schäumen Wellen, Doch eh' die Flut verschlingt das Land, Muß sie am Deich zerschellen. II Es ragt ein Bollwerk um uns her, weit über Sand und Dünen; gebändigt ward das wilde Meer, nun können Saaten grünen. III Doch wehe, wenn der Damm zerbricht Und wilde Wasser fluten; Dann trifft ein furchtbares Gericht Die Bösen und die Guten. IV Nur eine Rettung jeder sucht im Taumel vom Verderben, Es wenden Menschen sich zur Flucht Aus diesem großen Sterben. V Uns drohet noch ein and'res Meer Mit stärkeren Gewalten. Es brandet schäumend um uns her, Wenn wir nicht Wache halten. VI Es zischt der Hass, es stürmt der Neid, Die Lüge schürt die Wellen. Wo steht das Bollwerk hier bereit, An dem sie gleich zerschellen? VII Zu allen Zeiten ist's gescheh'n, Seit uns ein Gott erschaffen, Wenn sich die Menschen nicht versteh'n, So greifen sie zu Waffen. |
VIII
Der Eine kämpft für Land und Brot, Und Der für Ruhm und Ehre. Auch für der Freiheit Morgenrot Sieht streiten man die Heere. IX Und wieder sieht man Menschen zieh'n, das Schlachten zu beginnen; Doch Andere vor ihnen flieh'n, Dem Unheil zu entrinnen. X Ein Greis braucht mühsam seinen Stock, dort in des Elends Mitte. Hier Frauen im zerlumpten Rock. Erloschen sind die Blicke. XI Die Kinder an der Mutter Hand, Sie, die nie Hunger kannten, Jetzt zieh'n sie durch verbranntes Land, Das einst sie Heimat nannten. XII Die Sorge geht mit Leid vereint, erstickt das heiße Sehnen. Den Armen keine Sonne scheint; Wer trocknet ihre Tränen? XIII Ein Damm ward in die Zeit gestellt, Dass Menschen Ruhe finden. Wer Frieden sucht auf dieser Welt, Muß ihn auf LIEBE gründen. XIV Doch wehe, wenn der Wall zerbricht einst vor des Hasses Fluten; Dann trifft ein furchtbares Gericht Die Bösen - - - und die Guten. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
Einmal
Einmal wird jedem im Leben,
Wandelnd im Sonnenschein, Völlige Freiheit gegeben, Mensch unter Menschen zu sein. Einmal stand jemand am Wege, Zitternd im ärmlichen Kleid, Ob sich Dein Mitleid wohl rege? Aber Du hattest nicht Zeit. Einmal da galt es zu zeigen, Dem Nächsten die Bruderpflicht. Du bliebest im fröhlichen Reigen, Doch einmal - - naht das Gericht. Einmal musst plötzlich Du scheiden. Die Pläne zerflattern im Wind; Und endlich spürst Du die Leiden, Weil nun es die eigenen sind. Einmal liegst still Du im Grunde. Ob einer nur um Dich weint? Eile und nutze die Stunde, Solange die Sonne noch scheint. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Das Gericht
01
Als aller Tage letzter kam, Der Herr ein „Halt“ gebot Ihm, dem die Schöpfung Untertan, Gehorchte auch der Tod. 03 Der Herr in großer Herrlichkeit Hob auf sein Angesicht: „Die Stunde naht, bist du bereit Zum ewigen Gericht?“ 05 Der Engel sprach: „Du bist bekannt durch viele Reden mir, Dein Bild hing in dem deutschen Land Fast über jeder Tür. 07 Der kleine Mann erhob die Hand: „Wozu denn dies Gericht? Ich fühlte mich von Gott gesandt Und tat nur meine Pflicht! 09 Ich schaffte Arbeit und auch Brot, Zerbrach die Ketten bald, Ich führt' das Volk aus tiefster Not Zu strahlender Gestalt - - - 11 Verrat aus unser'n eig'nen Rei'n Ließ wenden das Geschick, So konnte ich nicht Sieger sein, Weil mich verließ das Glück - - -„ 13 Was hast Du GUTES denn getan? - Schweig nur von deiner Pflicht – Heut klagen Dich die Taten an zum ewigen Gericht! 15 Was fügtest Du der Kirche zu, Verfolgung, Leid und Spott; Und immer wieder ließest DU Verehren Dich wie Gott! 17 Meinst Du, dass es vergessen sei Dein Schreckensregiment? Zu mir drang Deiner Opfer Schrei Bis an der Welten End'! 19 Dem Satan liehest Du Dein Ohr, Er steht und winket schon - - - DORT hinter jenem dunklen Tor Erwarte Deinen Lohn!“ 21 Ich glaubte mich auf guter Bahn Und kannte Greuel nicht, Drum Niemand mich verdammen kann, Ich tat nur meine Pflicht!“ 23 Du warst als Mittler seinerzeit In fremdes Land gesetzt. Dich aber trieb die Eitelkeit, Du hast geschürt, gehetzt! 25 Vor tritt ein Mann mit festem Schritt, Schwingt in der Hand den Hut: „Hier bring ich die Belege mit, Denn ich war wirklich gut! 27 Die Klinik und das Altersheim Ich kurz erwähnen möcht'; Doch dabei blieb es nicht allein, Ich war auch stets gerecht!“ 29 Es war ja nicht Dein eig'ner Fleiss Der Dir schuf solchen Ruhm, An Deinem Geld klebt Anderer Schweiss, Leicht ward Dir dieses Tun. 31 Hinweg!“ Der Nächste blinkt so hell, Ach so, ein General! Er meldet zackig sich zur Stell; Mit Orden ohne Zahl: 33 Der Engel blättert in dem Buch: „Ganz anders steht es hier; Es trifft auch Dich der gleiche Fluch, Marsch, fort durch DIESE Tür! 35 Wer saust denn da heran geschwind? Das muss ein Lehrer sein! Er hing den Mantel nach dem Wind, Jetzt will er HIER hinein! 37 Du hast das anvertraute Gut Dressiert nur für die Schlacht; Die Jugend in ein Meer von Blut, Doch nicht zu Gott gebracht!“ 39 Wenn ich in die Maschine stieg Und flog zum Einsatzziel Verwünscht' ich oft den ganzen Krieg, Was konnt' ich ändern viel!“ 41 Wer lächelnd Bomben werfen kann Auf Frauen, Kind und Greis, Befindet sich in Satans Bann, Jetzt fordert ER den Preis!“ 43 In Himmelsphären thronest Du, Auf Wolken tritt Dein Fuß - -„ Der Engel ruft: „lass uns in Ruh, Wir kennen Deinen Schmus! 45 Du schriebst so nett vom Morgenrot, Von Schlacht- und Sturmgebraus, Von Pulverdampf und Heldentod, Und saßest warm zu Haus! 47 Und alle Seelen ringsumher Der letzte Mut verließ: „Ach Gott, wie kommt man doch so schwer Zu Dir ins Paradies!“ 49 Sie haben Opfer nur gebracht An Tränen, Blut und Leid; Führ sie aus dunkler Todesnacht In Deine Herrlichkeit!“ 51 Doch Christus nimmt ihn bei der Hand Und führt ihn an den Thron: „Wer noch den Weg zur Buße fand, Gleicht dem verlohr´nen Sohn. 53 Ich sah, wie Du in Feindesland Gestillt der Armen Not. Hast nicht gemordet und verbrannt, Brachst Hungrigen Dein Brot - - 55 Nimm Alle, die Dir taten gleich, Sie sollen mit Dir geh'n; Und wohnen in des Vaters Reich Die HERRLICHKEIT zu seh´n. 57 Die zu den Meinen ich erkor, Durch Leid und Trübsal geh'n Doch leuchtend wird an ihrem Tor Das Wort VERHEISSUNG steh´n. |
02
Die Erde gab sie alle her, Die schon seit Langem ruh'n; Sie kamen aus dem tiefsten Meer Und mitten aus dem Tun. 04 Sie traten einzeln vor den Thron, Das Buch ward aufgetan. Nun findet alles seinen Lohn; Wer kommt denn dort heran? 06 Sag an, was tatest GUTES Du Mit deiner großen Macht; Was fügtest Du den Menschen zu Die nicht wie DU gedacht?“ 08 Des deutschen Volkes große Zeit, Sie brach durch MICH herein. Was kümmert mich der Gegner Neid, der Ruhm wird bleiben mein! 10 Die Nachbarn zwangen mich zum Krieg, Da schlug ich eifrig zu, Mit unser'n Fahnen ging der Sieg, Der Feind gab keine Ruh'! 12 Doch Christus zürnend unterbrach: „Halt keine Reden hier! Du tatest meinem Namen Schmach Und stehst vor DIESER Tür? 14 Wer hat denn immer Hass gesät, Mit Lügen operiert - - - Das Volk verhetzt von Früh bis Spät, Nie Mitgefühl gespürt? 16 Wer hat die Juden umgebracht In grenzenloser Zahl? Den größten Weltenbrand entfacht Mit Tränen, Blut und Qual? 18 Der Ruhm war Deine Triebkraft nur, Nicht Gott hat Dich gesannt; Auf Deines Weges Todesspur Verkam Dein ganzes Land! 20 Der Nächste ist ein Diplomat Aus allerletzter Zeit: „Ich diente treu nur meinem Staat, Drum üb' Barmherzigkeit! 22 Der Engel sprach: „Hast Du Dein Amt geführt, wie sich's gebürt? Von Dir ist Einiges bekannt, Hier wurde Buch geführt! 24 So trägst auch Du am Kriege Schuld, Vergeblich bleibt Dein Schwur, Dir ist versagt des Heilands Huld, FOLG DEINEM FÜHER NUR!“ 26 Fabriken ich besessen hab, Und baute manch Gerät; Was alles ich den Armen gab, In diesem Buche steht! 28 Doch eine Stimme dröhnend hallt: „ Was kommt Dir in den Sinn? Wer so mit seinen Werken prahlt Hat seinen Lohn dahin! 30 Du schrecktest nicht davor zurück, Gabst Geld der Kriegspartei. Auf Tränen bautest Du Dein Glück, Dir war es einerlei! 32 „Mein Leben galt dem Vaterland“ Bläht sich der eitle Wicht: „Ich habe nichts als Dienst gekannt Und tat nur meine Pflicht!“ 34 Du hast die halbe Division Stur in den Tod gejagt. Das Ritterkreuz war dort Dein Lohn Nachdem Du lang gefragt - - -„ 36 „Halt, Freundchen“ eine Stimme spricht: „Du bist am falschen Platz! Fang nur nicht an von Deiner Pflicht, Hier kennt man schon den Satz! 38 Der Nächste ist ein Flieger schlicht, Er setzt zum Reden an: „Mein Gott, ich tat nur meine Pflicht, Sonst hab ich Nichts getan! 40 „Mein Junge, Du bist nicht so rein –„ Des Engels Stimme schwillt: „- Gott schaute Dir ins Herz hinein Und sah ein dunkles Bild. 42 Ein Dichter stellt sich artig vor, Hinreissend ist sein Schwung: „Oh Heiland, leihe mir Dein Ohr Zum Lied der Huldigung! 44 Die Gabe, die Dir Gott verlieh, Hast schlecht Du angewandt, Du beugtest vor der Macht Dein Knie, Missbrauchtest den Verstand. 46 Der Armen Elend sah'st Du nie, Der Unterdrückten Pein; Das Kindlein, dass vor Hunger schrie, Wird jetzt Dein Richter sein!“ 48 Ein Mann tritt zögernt aus der Schar, Fällt auf sein Angesicht: „Oh Herr, verschone diese da, Mit Deinem Strafgericht! 50 Wer bist du?“ gnädig fragt der Herr. „Ein Mensch nur – voller Schuld. Oh Heiland, höre mein Begehr, Noch einmal hab Geduld!“ 52 Du warst als Krieger eingesetzt, Hast Übles nicht getan, Nur selten mein Gebot verletzt, HEUT KLAGT DICH NIEMAND AN! 54 Denn alles, was an Gutem Du Vollbracht auf Deiner Bahn, Und dem Geringsten fügtest zu, Das hast Du MIR getan! 56 Und auch die Kinder nehme mit, Die Kranken, leidgequält; Die Armen folgen Deinem Schritt, Damit mir NIEMAND fehlt! 58 Einst stehst auch DU vor dem Gericht. Wie wird Dein Urteil sein? Dort gilt nicht Ehre, Ruhm und Pflicht, Gott schaut ins HERZ hinein! |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
Vergesst es nie
(1933-1945)
I
Es hat in diesen Jahren Ein Mann das Land regiert, Da haben wir erfahren Wohin die Willkür führt. II Die Freiheit war geschieden, Gerechtigkeit verbannt - - Aus Volkes Hass und Lügen Das Fundament bestand. III Sie wollten alles lenken Nach der Ideen Schein, Wer selber wagt zu denken, Den sperrte gleich man ein. IV Die Geisteskranken nahmen An Zahl geschwinde ab; Wenn sie zur Anstalt kamen, So grub man bald ihr Grab. V Man nahm die Kinder frühe Den Eltern ab sogleich, Damit man sie erziehe nur für das Dritte Reich. VI Den Glauben nahm man ihnen, Verlacht, was heilig galt; Sie mussten Wotan dienen gehorchend der Gewalt. VII Ein Spott nur war die Tugend, Die Ehe, alter Kram. Man sorgte, dass die Jugend verlor bald alle Scham. VIII Sie durften hier auf Erden Der Freuden kosten viel, Als Kind schon Mutter werden Galt als ein hohes Ziel. |
IX
Wie war es mit dem Glauben Im Dritten Reich bestellt? Man wollt' ihn gern erlauben, So kündet man der Welt. X Doch wo man sich bekannte Zum wahren Heilandswort, Sogleich der Hass entbrannte; Man schleppt die Zeugen fort. XI So mancher hat erlitten Der ersten Christen Pein. Doch weiter ward gestritten; Stand man doch nie allein. XII Als Inbegriff des Wahren Allein der Führer galt. Sie predigten den Scharen Die Lehre der Gewalt. XIII Zum sammeln mancher Spenden Kam oft man an die Tür, Doch statt die Not zu wenden, Baut Panzer man dafür. XIV Auf Schritt und Tritt belauert Von Spitzeln Groß und Klein, Wer hat da nicht bedauert, Ein Deutscher noch zu sein? XV Sie wollten Ruhm erringen Und einen vollen Sieg, Die ganze Welt bezwingen Durch mörderischen Krieg. XVI Doch was sie auch begonnen Und teuflisch schlau erdacht, Ist nie zu End' gekommen. Der Schöpfer hielt die Wacht. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
Gebet
Nun ist der Krieg zu Ende,
Den Menschenhand entfacht. Ich falte still die Hände Und preise Gottes Macht. Zu Ende ist das Morden, Vorbei die Schreckenszeit. Durch wilde Kriegeshorden entstand ein Meer von Leid. Es mussten Ströme fließen von Blut und Tränen viel; Weil sie Dein Wort verließen, Da setztest Du ein Ziel. Man gab dem Menschen Ehre, Die Gott allein gebührt, Verfolgte Christi Lehre, Die uns zur Wahrheit führt. Die Deinem Namen fluchen, Versanken in der Nacht. Doch allen, die Dich suchen, Ist freie Bahn gemacht. Es sank ein Reich in Scherben, Das ewig soll't besteh'n. Sie wollten Gott verderben Und mussten selbst vergeh'n. Nun ist der Krieg zu Ende, Den Menschenhand entfacht. An uns dein Werk vollende, Laß uns nicht in der Nacht. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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