Beginn | 1930-1939
Schon als junger Mensch in seinen frühen 20-er Jahren stand er dem Beginn des Nazionalsozialismus sehr kritisch gegenüber. Bereits 1931 warnte er eindrücklich und im Detail vor den Plänen Hitlers und dessen Hintergründen (siehe 'Adolf Hitler: Mein Programm'). Seine Haltung dieser Entwicklung gegenüber führte dazu, dass er sein Gedicht 'Mahnruf' als 'Arbeiter-Poet' auf dem Internationalen Antikriegskongress im August 1932 in Amsterdam vor 2.000 Delegierten aus 35 Ländern (unter anderem Schriftstellern, Wissenschaftlern, Künstlern und Nobelpreisträgern) vortragen durfte. Ein Kongress, welcher in die Geschichte einging.
Die Kraftquelle zu seinem politischen Engagement aber war sein privates Glück, die Liebe seiner Frau Hilde (Heirat 1930).
Die Kraftquelle zu seinem politischen Engagement aber war sein privates Glück, die Liebe seiner Frau Hilde (Heirat 1930).
Adolf Hitler: Mein Programm
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Muß es denn sein
I
Muß denn sein von Anbeginn Daß dunkle Schatten unsern Sinn Als Kinder schon beschweren? Der Zwiespalt reißt die Seele auf, Man lässt den Dingen ihren Lauf Bis sie zur Schuld sich mehren. III Muß es denn sein, dass Krieg und Tod Und mit ihm grenzenlose Not Durch uns verewigt werden? In unser'n Herzen keimt die Saat, Gedanken werden bald zur Tat Und enden im Verderben. |
II
Muß es denn sein seit alter Zeit, Daß unsere arme Menschlichkeit In solch ein Gewand sich hüllte? Das Herz ertrank in Lüge bald, Der Haß nahm greifbar an Gestalt Bis ganz er uns erfüllte. IV Muß es denn sein in Ewigkeit, Daß wir mit Tränen, Blut und Leid Im Meer der Schuld versinken? Die LIEBE soll der Kompass sein; In ihrem Glanze wird allein Uns die Verheißung winken! |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
Mahnruf (Internationaler Antikriegskongress Amsterdam 1932)
Ihr Menschen auf dem weiten Erdenrund,
Vom Schicksal auf das schwerste schon getroffen;
Gemartert bis zum tiefsten Herzensgrund - - Was bleibt euch Ärmsten heute noch zu hoffen? Ist es ein Plan von einer Kriegspartei, Die euer Elend mit Gewalt will heilen? Vielleicht ist auch ein „Führer“ noch dabei, Der angibt, alle Not mit euch zu teilen? Doch was sie auch versprechen, maßlos viel, Von ihren wunderbaren, edlen Wegen, Sie lenken euch nur auf ein grausig Ziel: Dem Rassenhass und Brudermord entgegen. Ihr Menschen, haltet ein in eur'em Tun Und lasst die mordbegier'gen Hände sinken. Des Blutes ist genug geflossen nun, Seht ihr denn nicht dort die Vergeltung winken? Mit Rachdurst und Todesmut allein Ist wahre Freiheit niemals zu erringen; Der Kämpfer muss ein echter Mensch erst sein, Eh'er dem Volke kann die Freiheit bringen. Soll endlich einmal Friede sein auf Erden, Nehmt euer Schicksal selbst nur in die Hand; Lasst alle Menschen eure Freunde werden, Dann wird die ganze Welt zum Vaterland. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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An meine Geliebte
IN DEINER NÄHE
Fühl ich mich geborgen, Nicht einen Schritt Möchte gehen ich allein. Es strahlt Dein Lächeln Mir an jedem Morgen, Verheißungsvoll Wie lichter Sonnenschein. IN DEINEN AUGEN Steht mein Glück geschrieben, Sie sollen glänzen Wie die Sterne rein. Doch keine Träne Darf ihr Leuchten trüben; Ich will ja immer Dein Geliebter sein. IN DEINEN ARMEN Möchte ich fast vergehen; Auf Erden weiss ich Keinen schöner'n Platz. Da kann ich Meine Liebe Dir gestehen: Wie bist Du süß, Mein allerliebster Schatz. IN DEINEM HERZEN Musst Du mein Gedenken, Ich will drin wohnen Wie in Deinem Sinn. Du willst es mir So voller Liebe schenken, Dass ich mein Leben lang Dein Schuldner bin. IN DEINER LIEBE Will ich ganz versinken; Die wunderbar Sich ewig neu erhellt. Von Deinen Lippen Lass mich Balsam trinken; In Deinem Kuss Vergeht die ganze Welt. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Das letzte Opfer.
I
Es rauschet der Euphrat dem Meere zu, Nur selten von Schiffen befahren, Und niemals kommen die Wellen zur Ruh', Heut'- wie vor dreitausend Jahren. II An seinem Ufer erhob sich einst Das Standbild des schrecklichen Götzen, Dem furchtbaren Nergal war es geweiht, Dem die Menge dient mit Entsetzen. III Der Gott des Krieges war es gewohnt, Wenn das Schlachtglück die Waffen ließ sinken, So bracht' man die Opfer vor seinen Thron Und liess ihn das Menschenblut trinken. IV Einst kehrte nach einer siegreichen Schlacht, Beladen mit Beute in Menge Zur Heimat des Königs Kriegesmacht, Die nach festlichen Tagen nun dränget. V Und der Hauptmann von der Assyrer Schar Die köstlichste Beute erlangte, Eine Fürstin war es, kaum siebzehn Jahr'. Bald sein Herze in Liebe entbrannte. VI Der Priester sah an die schöne Maid – Und stark wurde seine Begierde – Er sagte: „Die Götter würden erfreut, Wenn ich Nergal sie opfern würde.“ VII Das Mädchen erblasste in jähem Schreck; Da trat der Hauptmann hervor: „Halt, Priester, lass Deine Hände weg, Denn zur Liebsten ich sie erkor. VIII Nicht fordern die Götter ein Opfer von mir, Stets will ich sie preisen und loben. Doch Deine Handlung treibt die Begier Und nicht uns're Götter dort oben. IX Der hohe Gebieter nur Vorwand ist Für Deine erbärmlichen Ziele, Doch bei Anu, der oben im Himmel sitzt, Heut soll nicht geschehen Dein Wille“. |
X
Doch der Priester in höchste Wut gerät Und er ruft von des Tempels Bühne: „Er hat in mir die Götter geschmäht, Und Nergal schreit nach Sühne. XI Der Zorn des Himmels kommt nun herab Auch Schamasch in teuflischer Wut; Selbst Bel nun keine Ruhe mehr hat, Bis geflossen des Frevlers Blut“. XII Die Menge ist nun vor Schrecken starr Und schreit: „O, erlöse uns Arme, Bring Beide dem Nergal zum Opfer dar, Auf dass er sich unser erbarme.“ XIII Und das Messer blitzt in des Priesters Faust, - stumm bleiben der Gläubigen Heere – Dann hauchen die Opfer ihr Leben aus, Zu Nergal, des Gottes Ehre. XIV Es rauschet der Euphrat dem Meere zu, Nur selten von Schiffen befahren, Und niemals kommen die Wellen zur Ruh'; Heut – wie vor dreitausend Jahren. XV Noch immer versöhnt man der Götter Wut, die herrschen mit furchtbaren Plagen. Es trinket die Erde der Opfer Blut Noch heute, in unser'n Tagen. XVI Die Götzen in alter Scheusslichkeit Sind grösser an Zahl noch geworden; Für sie waren Menschen noch immer bereit, in ihrem Namen zu MORDEN. XVII Die Götter nennen sich Ruhm und Macht, Die einzelne Menschen durchdringen. Sie fordern die Opfer in blutiger Schlacht, Um Ehre für sich zu erringen. XVIII Das LETZTE Opfer muss einst gescheh'n: Die GÖTTER zerstampfet zu Scherben. Wenn Hass und Missgunst dabei vergeh'n, Dann erst ist Friede auf Erden. Erwin Sehrt |
An der Wiege der Menschheit
Als
die Erkenntnis noch in Schleiern lag,
Und kaum der Sonne Strahl durch Wolkenmassen brach, Als Land und Meer in wechselvoller Flut verdrängte der Vulkane heiße Glut; Als kochend heiße Luft durch Spalten quillt, Da hat der Erde Schicksal sich erfüllt. Aus stillem Walten, unergründlich fein, So stellte sich das erste Leben ein. Bald grünte schon ein zartgeformter Strauch, Dann tauchten kleinste Wassertierchen auf. Und immer neue Formen sah das Licht, Entwicklung ward nun dem Geschöpf zur Pflicht. Ob dieser Weg auch uns hervorgebracht, Liegt für den Menschen noch in tiefster Nacht. Ob zweifelnd wir vor Knochenfunden steh'n, Ob abseits wir von Gott auf Suche geh'n, Ob wir auf Runen deuten legen das Gewicht, So finden wir des Lebens Ursprung nicht. Denn noch ist die Erkenntnis nicht erfüllt, Die uns das letzte Rätsel einst enthüllt. Noch ist der Menschengeist in Nacht gebannt, Als dass er schon den Weg zur Wahrheit fand. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Erkenntnis
Wer könnte es sagen, was gut sei und schlecht?
Vermessen wär' dieses Handeln. So sieht man auch der Menschen Gesetz Im Laufe der Zeiten sich wandeln. Gesetze sind nötig,solange die Welt Von Finsternis ist umgarnet; Doch wenn Erkenntnis uns wird geschenkt, Die Stimme im Herzen uns warnet. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Sie lästerten Gott
Was haben die Menschen aus Gott gemacht,
Der über den Dingen doch steht. Der treu uns geleitet bei Tage und Nacht, Wenn um uns das Leben vergeht Er sollte der Mächtigen Werkzeug nur sein, Den man sich als Diener erkor. Man zerrte ihn selbst in Schlachten hinein Und schrieb seine Hilfe ihm vor. In seinem Namen begann man den Krieg, Verspottend sein höchstes Gebot. Erflehten in Seinem Namen den Sieg. Erbaten der Anderen Tod. So wurde gelästert des Heilands Gestalt, Der LIEBE die Menschen nur lehrt; Der deutlich verdammte stets alle Gewalt, Und NIEMALS gesegnet das Schwert. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |
Krieg hat es immer gegeben
Krieg hat es immer gegeben
Impft man den Kindern schon ein, Sehet sie an, die so reden, Das wollen Menschen sein? Krieg hat es immer gegeben Zerstörung, Verbrechen und Mord. Unschuldige ließen ihr Leben. Schritt so die Menschheit fort? Krieg hat es immer gegeben Wenn Lüge und Hass uns erfüllt Verschwand jedes menschliche Regen; Ist das Gottes Ebenbild? Krieg hat es immer gegeben Nie hat er gewendet die Not. Statt Völkern die Freiheit zu geben, Bracht' er nur Versklavung und Tod. Krieg hat es immer gegeben Das macht uns als Menschen zur Pflicht, Mit allen in Freundschaft zu leben, Nur Friede führt aufwärts zum Licht. |
Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt
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Abschied von meiner Liebsten
Einer kleiner Brief hat unser
Glück genommen,
Der zu dem Heeresdienst mich einberief. Nun soll auch ich zu den Soldaten kommen; Für Wahnideen ziehen in den Krieg. Noch einmal darf ich nahe bei Dir stehen, Senk meinen Blick in Deinen tief hinein. Noch einmal lass mich Deine Schönheit sehen, Dann sind für lange Zeit wir ganz allein. Wie glänzen feucht die lieben Augenpaare, Die sonst so zärtlich mich nur angeblickt; Als läg' das Leid darin der nächsten Jahre, Das jetzt schon Deiner Seele aufgedrückt. Dein süßer Mund, der sonst gelächelt immer, Von dem ich Liebesworte nur vernahm, Erschien so herbe in der Wehmut Schimmer, Bis ich Dich schnell in meine Arme nahm. Ich denke stets an diese Trennungsstunde, Dein Bild wird immer mir vor Augen steh'n, Bald geben meine Briefe davon Kunde, Dass meine Sehnsucht niemals wird vergeh'n. Wenn einst die Friedensglocken wieder klingen, Und ich nach schweren Zeiten kehre heim, Dann wird mein Platz nach diesem harten Ringen, An Deinem Herzen, Liebste, wieder sein. Gedicht + Photographie: Erwin Sehrt |